Keine erkennungsdienstliche Behandlung Minderjähriger
In einem unserer Strafverfahren wurde unser Mandant einer erkennungsdienstlichen Behandlung unterzogen, d.h. die Polizei hatte ihm Fotos und Fingerabdrücke abgenommen. Diese Maßnahme erfolgte in Abwesenheit und ohne Einverständnis der erziehungsberechtigten Mutter des Mandanten. Der Mutter wurde lediglich mitgeteilt, dass ihr Sohn zu einer Zeugenaussage bei der Polizei erscheinen solle. Das Amtsgericht Bielefeld hat nun auf unsere Beschwerde festgestellt, dass die erkennungsdienstliche Behandlung rechtswidrig war.
Mitgeteilt durch den Strafverteidiger Matthias Kiunka, Kanzlei Rudolph, Schillerstr. 1, 33609 Bielefeld
Amtsgericht Bielefeld, Beschluss vom 13.12.2013, Aktenzeichen 9 GS-845 Js 1403/13-6560/13
Beschluss
In dem Ermittlungsverfahren
gegen XXX
Verteidiger: Rechtsanwalt Matthias Kiunka, Gustav-Radbruch-Str. 7, 32423 Minden
wird auf den Antrag des Beschuldigten vom 30.07.2013 festgestellt, dass die Durchführung der er¬ken¬nungs¬dienst¬li¬chen Behandlung des Beschuldigten am 24.07.2013 rechtswidrig war.
Gründe:
Der Beschuldigte hat sich am 24.07.2013 mit der Durchführung seiner erkennungsdienstlichen Behandlung einverstanden erklärt. Dieses Einverständnis hat aber keine rechtliche Bedeutung, da es nicht in Anwesenheit seiner erziehungsberechtigten Mutter erfolgte. Dem steht nicht entgegen, dass sich die Mut¬ter telefonisch mit der Maßnahme einverstanden erklärt hatte. Dieses Einverständnis erfolgte lediglich aufgrund der telefonischen Information, die ihr der Beschuldigte übermittelte. Die Mutter konnte daher den Sachverhalt bei weitem nicht so überblicken, als wenn sie während der Vernehmung anwesend gewesen wäre. Auf diese Anwesenheit während der Vernehmung hätte sie aber ein Recht gehabt, § 67 JGG. Darauf hätte sie zwar verzichten können. Das setzt aber voraus, dass sie gewusst hätte, dass auf ihren Sohn überhaupt eine Beschuldigtenvernehmung zukam.
Ob die Mutter von dem Termin überhaupt Kenntnis hatte, lässt sich der Akte nicht entnehmen. Selbst wenn dies der Fall gewesen sein sollte, hätte sie – nach dem unwidersprochen gebliebenen Vortrag des Beschuldigten – lediglich von einer Ladung ihres Sohnes als Zeugen Kenntnis haben können. Durch den Verzicht auf die Anwesenheit in einem solchen Termin hätte sie keinen Verzicht auf die Anwesenheit in einer Beschuldigtenvernehmung erklärt.
Demnach ist festzuhalten, dass mangels wirksamen Einverständnisses keine Grundlage für die erkennungsdienstliche Behandlung vorlag.
Bielefeld, 13.12.2013