Falsche Verdächtigung: keine Strafbarkeit bei erfundenen Personen
BayObLG, Beschluss vom 7. April 2025 – 203 StRR 93/25 (AG Schwabach)
Was passiert, wenn jemand in einem Ermittlungsverfahren behauptet, eine andere Person sei der oder die Schuldige und sich später herausstellt, dass diese Person gar nicht existiert? Das Bayerische Oberste Landesgericht (BayObLG) hat in einem aktuellen Beschluss klargestellt: Eine Strafbarkeit wegen falscher Verdächtigung (§ 164 StGB) kommt in einem solchen Fall nicht in Betracht.
Der Fall
Ein Mann hatte in einem Bußgeldverfahren gegenüber der Polizei angegeben, ein Bekannter namens „T“ habe das Fahrzeug zur Tatzeit gefahren. Diese Person sollte sogar regelmäßig an seiner Wohnanschrift erscheinen. Die Behörde leitete daraufhin Schritte ein, um den angeblichen Bekannten anzuhören.
In der Hauptverhandlung gestand der Angeklagte jedoch, dass diese Person überhaupt nicht existiere. Das Amtsgericht Schwabach verurteilte ihn trotzdem wegen falscher Verdächtigung zu einer Geldstrafe, mit der Begründung, dass die Behörde durch seine Angaben unnötig Arbeit gehabt habe.
Die Entscheidung des Gerichts
Das BayObLG hob das Urteil auf. Zur Begründung führte das Gericht aus, dass sich der Tatbestand der falschen Verdächtigung nur auf existierende oder zumindest bestimmbare Personen bezieht. Wer eine erfundene oder bereits verstorbene Person beschuldigt, macht sich nach § 164 StGB nicht strafbar.
Auch der Hinweis des Amtsgerichts auf den „unnützen Verwaltungsaufwand“ ändere daran nichts. Dieser Aspekt sei für den Straftatbestand unerheblich.
Zudem beanstandete das BayObLG die Beweiswürdigung: Das Amtsgericht hätte genauer prüfen müssen, ob die angeblich beschuldigte Person tatsächlich existiert. Es hätte entsprechende Ermittlungen anordnen müssen, bevor es von einer bloßen „Schutzbehauptung“ des Angeklagten ausgehen durfte.
Was bedeutet das für die Praxis?
Das Urteil verdeutlicht: Eine Verurteilung wegen falscher Verdächtigung setzt voraus, dass jemand eine wirklich existierende Person einer Straftat oder Ordnungswidrigkeit bezichtigt.
Zugleich betont das Gericht, dass Richter verpflichtet sind, zweifelhafte Sachverhalte vollständig aufzuklären – persönliche Überzeugung reicht für eine Verurteilung nicht aus.
