Kein Haftbefehl ohne einen Versuch der polizeilichen Vorführung zur Hauptverhandlung

Oberlandesgericht Nürnberg, Beschluss vom 19.03.2024, Ws 188/24

Was passiert eigentlich, wenn ein Angeklagter ohne ausreichende Entschuldigung nicht zur Hauptverhandlung seines Strafverfahrens erscheint? Eine Antwort auf diese Frage gibt § 230 Abs. 2 StPO.

Ist das Ausbleiben des Angeklagten nicht genügend entschuldigt, so ist die Vorführung anzuordnen oder ein Haftbefehl zu erlassen, soweit dies zur Durchführung der Hauptverhandlung geboten ist.“

In der Praxis wird dieser Gesetzestext von den Gerichten unterschiedlich ausgelegt. Während einige Gerichte einen neuen Termin anberaumen, zu dem sie die polizeiliche Vorführung anordnen, erlassen andere Gerichte direkt einen Haftbefehl. Dies hat für den Angeklagten natürlich erhebliche Folgen. Nach Erlass des Haftbefehls wird der Angeklagte nämlich bis zur nächsten Hauptverhandlung inhaftiert, sobald er von der Polizei aufgegriffen wurde.

Das Amtsgerichts Weiden hat im Verfahren der Staatsanwaltschaft Weiden i.d.Opf., Az.: 215 Js 12159/23, letztere Möglichkeit gewählt und hat direkt einen Haftbefehl erlassen. Hiergegen hat der Angeklagte Rechtsmittel zum Oberlandesgericht Nürnberg eingelegt.

Das Oberlandesgericht hat ausgeführt, dass der Erlass eines Haftbefehls rechtswidrig war. Ohne den Versuch einer polizeilichen Vorführung sei der sofortige Erlass eines Haftbefehls in der Regel unverhältnismäßig. Dies sei nur in absoluten Ausnahmefällen geboten.